Bundesverfassungsgericht vs. Rechtsstaat

Juni 23, 2013

Stell dir vor, du schreibst einen Brief an einen nett und aufrichtig erscheinenden älteren Herren, der mit dir ein Schicksal teilt, nämlich die „Befähigung zum Richteramt“. Aber auch dieser „Papa Gnädig“ hält es nicht für nötig, sich für das Schreiben zu bedanken. – Er ist halt „politisch vogebildet“: qui tacet consentire videtur“ – „Wer schweigt, scheint zuzustimmen“. Aus diesem Grunde muß vermutet werden, daß der Inhalt des nachfolgend wiedergegebenen Schreibens die Meinung des angeschriebenen Bundesverfassungsrichters widerspiegelt. – Erstaunlich, erschreckend, aber wahr:

Gerhard Altenhoff, Bismarckstr. 40, 41542 Dormagen

Herrn Professor Dr. Dr.

Udo di Fabio

Institut für Öffentliches Recht

-Abteilung Staatsrecht-

Adenauerallee 44

53113 Bonn

Nievenheim, 8.7.2008

Ihr Buch „Die Kultur der Freiheit”

Entscheidung des BVerfG zu „Schröders Fahnenflucht”

Entscheidung des BVerfgG zu „Überhangmandaten”

Sehr geehrter Herr Di Fabio,

mit zwiespältigen Gefühlen las ich gerade eben erneut den Umschlagtext zu Ihrem o.a. Buch:

Wir müssen den Aufbruch wagen in eine neue Epoche, mit einem Bürgerbegriff ohne soziale Schranken, mit weniger staatlicher Bevormundung, mehr Leistungs­freude, mehr Sinn auch für Gemeinschaften.

Angesichts der im Betreff erwähnten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts klingen diese Worte wie blanker Hohn.

Der Tag, an dem das Bundesverfassungsgericht dem Schröder gestattete, dem Souverän dieses Landes von der Fahne zu gehen, entfuhr mir spontan die Bemerkung:

Man müßte sich in dieser Welt eigentlich schämen, Jurist zu sein.

Angesichts der jüngsten Entscheidung zur Frage der Überhangmandate müßte sich jeder ehrbare Jurist eigentlich die Burkha umhängen, auf daß ihn niemand erkenne…

Auf das „Alltagsleben” des „rechtssuchenden Publikums” bezogen, besagt doch das er­wähnte Urteil nichts anderes, als

der Angeklagte ist des Diebstahls schuldig, aber die Beute darf er behalten

Die Feststellung, die ich nun treffen muß, bedauere ich zutiefst, denn ich hätte im Traum nicht daran gedacht, daß meine vor fast 2 Jahrzehnten begonnene Lagebeurteilung der Rechtspflege in Deutschland tatsächlich heute noch zutrifft:

Auch die dritte Gewalt im Staate, die Justiz, konnte sich dem heraufdämmernden Un­rechtsstaat aufgrund ihrer eigenen Philosophie nicht erwehren. Die weit überwiegende Mehrzahl der damaligen Juristen hatte eine bestimmte Vorstellung davon, was Recht ist. Diese läßt sich grob auf eine Formel bringen: Das Recht entspricht der Summe der gel­tenden Gesetze und Verordnungen.

Die Nürnberger Rassengesetze waren damit nicht himmelschreiendes Unrecht; sie waren geltendes Recht, das Verwaltung und Justiz gefälligst anzuwenden hatten.

Auch den jüdischen Beamten, die man aufgrund des § la Reichsbeamtengesetz entlassen hatte, hätte der Weg vor den Kadi nichts genützt. Das Gesetz verbot den Juden eben, Be­amte im Deutschen Reich zu sein. So einfach, aber auch so schrecklich war das.

Trotzdem erwies sich des Beamtentum gegenüber der Einflußnahme durch die National­sozialisten als erstaunlich widerstandsfähig:

Selbstverständlich unternahmen diese alle erdenklichen Versuche, „ihren“ Staat gleich­zuschalten. 1934 verloren die Länder ihre Selbständigkeit, 1939 wurden auch die Ge­meinden und Gemeindeverbände in die Reichsverwaltung eingegliedert und dem „Füh­rerprinzip“ unterworfen. Beauftragte und Kommissare übernahmen auf allen Verwal­tungsebenen die Macht. Den berühmt-berüchtigten Gauleitern kam dabei die wichtigste und stärkste Stellung zu. Als Reichtsstatthalter bzw. Oberpräsidenten bildeten sie das Bindeglied zwischen Staats- und Parteiverwaltung. Parallel zur staatlichen Verwaltung baute die NSDAP selbst ein Netz von Dienststellen auf, die zwar ebenfalls hoheitliche Gewalt ausübten, deren Kompetenzen indes nur sehr unscharf umrissen waren. Kompe­tenzgerangel und Reibereien zwischen staatlicher und Parteiverwaltung waren damit vorprogrammiert und auch an der Tagesordnung. Die Parteimitgliedschaft der meisten Beamten änderte an diesem Sachverhalt nichts. Die Beamten fühlten sich nach wie vor primär dem Volk verpflichtet, ihrem „Führer“ indes lediglich als Staatsoberhaupt. Die Beamtenschaft blieb also weiterhin bemüht, ihre Aufgabe im Sinne des Alten Fritz zu er­füllen, während die Partei überwiegend ideologischen, macht- bzw. personalpolitischen und propagandistischen Zwecken diente. Trotz der formal überlegenen Stellung war die Parteiverwaltung den ordentlichen Verwaltungen unterlegen, denn die machtpolitischen und personalpolitischen Ambitionen der Parteiamtswalter hoben sich in der Regel ge­genseitig auf.

Selbstverständlich versuchten die braunen Machthaber durch Gesetze und Verordnun­gen die Weichen in Richtung auf eine unbeschränkte Willkürherrschaft zu stellen. Den­noch wurde die Verwaltung, soweit sie für die Nationalsozialisten politisch nicht aktuell war, dank der Routine, der Sachbezogenheit und dem Judiz der Beamtenschaft besser, gerechter und erfolgreicher geführt, als man wohl erwartet hätte1.

Wer die meist angestaubten Folianten der Juristischen Wochenschrift aus den Jahren vor 1945 liest, wer sich die Mühe macht, die amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts aus dieser Zeit durchzulesen, wird feststellen, daß auch die Rechtspflege während des Dritten Reiches weitestgehend funktionstüchtig blieb.

An dieser Feststellung vermag auch der „Rütli-Schwur“ nichts zu ändern, den die 20.000 Juristen ablegten, die Anfang Oktober 1993 auf dem Deutschen Juristentag in Leipzig versammelt waren. Mit dabei waren auch die höchsten Repräsentanten der Richterschaft und Staatsanwaltschaft. „Reichsjuristenführer“ Frank: „Wir schwören beim ewigen Herrgott, wir schwören bei dem Geiste unserer Toten, wir schwören bei all jenen, die das Opfer einer volksfremden Justiz einmal geworden sind, wir schwören bei der Seele des deutschen Volkes, daß wir unserem Führer auf seinem Weg als deutsche Juristen fol­gen wollen bis an das Ende unserer Tage.“ Ein tosendes „Sieg-Heil! Sieg-Heil“! Sieg-Heil! besiegelte diesen „heiligen“ Eid2. Dem Unrechtsstaat wollte man damit einen tri­umphalen Empfang bereiten, aber er kam eher durch die Hintertür.

Die Bindung des Richters ausschließlich an das Gesetz ermöglichte die Schaffung legis­lativen Unrechts, das von den Gerichten zur Grundlage ihrer Entscheidungsfindung ge­macht wurde.

Für ihre politische und politisch motivierte Justiz richteten die Nationalsozialisten später freilich Sondergerichte ein. Der bekannteste von ihnen war wohl der Volksgerichtshof, dessen letzter Präsident Roland Freisler hieß. Freisler, gern als „Blutrichter Hitlers“ be­zeichnet, war nach eigenem Selbstverständnis „politischer Soldat“ seines „Führers“, nicht aber dessen Lakai:

„Mein Führer!

Ihnen, mein Führer, bitte ich melden zu dürfen: das Amt, das Sie mir verliehen haben, habe ich angetreten und mich inzwischen eingearbeitet.

Mein Dank für die Verantwortung, die Sie mir anvertraut haben, soll darin bestehen, daß ich treu und mit aller Kraft an der Sicherheit des Reiches und der inneren Ge­schlossenheit des deutschen Volkes durch eigenes Beispiel als Richter und als Führer der Männer des Volksgerichtshofs arbeite, stolz, Ihnen, mein Führer, dem obersten Gerichtsherrn und Richter des deutschen Volkes, für die Rechtsprechung Ihres höchs­ten politischen Gerichts verantwortlich zu sein.

Der Volksgerichtshof wird sich stets bemühen, so zu urteilen, wie er glaubt, daß Sie, mein Führer, den Fall selbst beurteilen würden.

Heil mein Führer!

In Treue, Ihr politischer Soldat

Roland Freisler.“

Klar, Freisler bringt damit die Ergebenheit und Bewunderung zum Ausdruck, die er sei­nem „Führer“ entgegenbringt. Er gibt aber auch massiv zu erkennen, wie sehr ihm seine richterliche Unabhängigkeit und die seiner Amtskollegen am Herzen liegt. Selbst als „politischer Soldat“ zeigt er weder Neigung noch Bereitschaft, auf Befehl zu handeln. Die 6.Armee wurde in Stalingrad aufgerieben, weil General Paulus wider besseres Wis­sen dem Befehl folgte, diese Stadt um jeden Preis zu halten. Das Bemühen, so zu urteilen, wie es der mutmaßlichen Entscheidung des „obersten Gerichtsherrn und Richters“ ent­spricht, und das „Führer befiehl, wir folgen!“ sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Mit anderen Worten, auch die Urteile, die Roland Freisler im Namen des Deutschen Vol­kes verkündete, wurden im Beratungszimmer gefällt, nicht im Führerhauptquartier. Die Freiheit der Richter von Weisungen der Exekutive war so tief in den Köpfen verankert, daß es selbst Hitler dies nicht zu ändern vermochte. Und der hatte bekanntlich für Juris­ten nur Geringschätzung übrig.

Diese Interpretation wird auch durch die Urteilsstatistik des Volksgerichtshofs gestützt: Von insgesamt 15.942 Angeklagten, die von 1934 bis 1945 zum Volksgerichtshof ange­klagt worden waren, wurden 5.266 zum Tode, 7.768 zu Freiheitsstrafen verurteilt, 1.089 Angeklagte wurden freigesprochen.

Auch für mich war früher der Volksgerichtshof nur ein dem Schafott vorgeschaltetes Ali­bi und gleichzusetzen mit den Schauprozessen Stalins, seiner Nachfolger und Vasallen in den Satellitenstaaten der UdSSR. Zumindest habe ich eine entsprechende Darstellung aus dem Geschichtsunterricht in Erinnerung; so plakativ und vereinfachend wird die NS-Justiz auch immer wieder in der Öffentlichkeit dargestellt.

Ich will hier auch nicht die Zahl der Todesurteile der ordentlichen und der Militärjustiz verniedlichen. Über 16.000 Todesurteile fällten „ordentliche“ Richter, weit über 30.000 verkündeten die Kriegsgerichtsräte. Ferner überstellte die Justiz zwischen fünfzehn- und zwanzig-tausend Häftlinge in die Konzentrationslager zur „Vernichtung durch Arbeit“.3 Hat allein die „Krähentheorie“ dazu geführt, daß sich die deutsche Justiz mit der ihr an­haftenden braunen Vergangenheit schwertat? Welchen Beitrag hat die Schaffung legisla­tiven Unrechts dazu geleistet, daß die nationalsozialistischen Machthaber vollziehende und recht sprechende Gewalt so eng an sich binden konnten?.

Diese Frage kann offenbleiben , denn schließlich geht es mir nicht um die Bewältigung der in die Jahre gekommenen jüngsten deutschen Vergangenheit. Auch die Aufarbeitung der neuen jüngsten Geschichte will ich anderen überlassen. Zur Debatte steht hier aus­schließlich die Bewältigung neo-bundesrepublikanischer Gegenwart, die zweifellos Aus­wirkungen auf die Zukunft haben wird. Die ständig steigenden Steuer- und Abgabensätze führen uns dies nur allzu drastisch vor Augen.

Holzschnittartig ausgedrückt, haben die Nationalsozialisten Beamten- und Richterschaft für ihre Zwecke mißbraucht. Dort, wo sich der Staat als nicht willfährig genug zeigte, schufen sie auf Parteiebene ein paralleles Herrschaftssystem.

– Um Mißverständnissen vorzubeugen: Ich will nicht den strammen Nationalsozialisten das Wort reden, die sich in den öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland hin­übergerettet hatten. Ich will vielmehr damit aufzeigen, daß Hitler diese Leute nur an be­stimmten Stellen tatsächlich benötigt hätte, um seine Vorstellung von einem völkischen Staat zu verwirklichen. –

Es bleibt festzuhalten, daß die Grundstrukturen des Rechtsstaates preussischer Prägung bei Kriegsende soweit intakt waren, daß darauf ein demokratischer Rechtsstaat aufge­baut werden konnte. Diese Strukturen waren so flexibel und anpassungsfähig, daß es – zumindest in der Aufbauphase – des „bekennenden Demokraten“ als Staatsdiener nicht bedurfte.

Erst nach Gründung der Bundesrepublik entstand die Regelung, daß nur der Beamter oder Richter werden darf, der die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitli­che demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. (§ 4 Abs. l Ziffer 2 Beamtenrecht srahmengeset z) .

Völlig anders war es jenseits des Eisernen Vorhangs, wo durch den zwangsweisen Zu­sammenschluß von SPD und KPD die Partei entstand, die immer Recht hatte.

Bekanntlich zerschlugen die roten Machthaber mit großzügiger Hilfe aus Moskau die vorhandene Staatsorganisation vollständig.

Es ist also nicht einfach, die letzten zwölf Jahre des Deutschen Reiches und die DDR im Hinblick auf die jeweilige Rechtswirklichkeit und ihren Nachlaß an Staatsdienern und Rechtspflegeorganen einander gegenüberzustellen. Dies läßt sich nur bewerkstelligen, wenn der nationalsozialistische Rassenwahn und seine unsäglichen Auswirkungen bei der Betrachtung außen vor bleiben. Nach meiner Einschätzung wird dieses Kapitel deut­scher Geschichte ohnehin schon zu stark instrumentalisiert. Dessen Einmaligkeit wird immer hervorgekramt und herausgekehrt, wenn es gilt, neben dem Dämon A.H. den Ge­nossen E.H. noch als Lichtgestalt erscheinen zu lassen. Rechnet man die Wertschätzung mit ein, die die deutschen Medien in Interviews, Talkshows und Berichten den Apparat­schiks der DDR entgegenbringen, wirken Schwert und Schild der Partei, die immer recht hat, frisch aufpoliert. Extrapoliert man die gegenwärtige Diskussion um eine „Amnestie“ für pflichtbewußte Diener des SED-Staates in die Zukunft, kann es wohl nicht mehr lange dauern, dann wird „IM“ Ehrentitel sein. – Soweit meine Ausführungen in Störtebekers Erben -Geschichten aus Merkels Leichenkeller.

Aber, lieber Herr Di Fabio, es ist ja noch schlimmer! Die Stellenbesetzung der Obersten Bundesrichter steht auch heute noch dem Artikel 33 Absatz 2 diametral entgegen („Par­teienproporz!). – Menschen, auch Oberste Bundesrichter, sind nur Menschen und keine Freisprechanlagen oder Rechtsprechungsmaschinen:

Unter diesem Aspekt bekommt die Äußerung „es dürfe nicht der Eindruck entstehen, in Deutschland sei Politik käuflich,“ natürlich einen anderen Stellenwert. Schon angesichts der Beträge, die in bar den Besitzer wechseln oder auf schwarzen Konten geparkt wer­den, wird einem ganz schwindelig. Aber es ist nur ein geringer Bruchteil der Gelder, die durch das System fließen. Sie erinnern sich an den Satz, den böse Zungen behaupten könnten: „Politik ist nicht käuflich, weil man nichts kaufen kann, was ausverkauft ist.“? Politik in Deutschland ist ausverkauft. Am Ende des ersten Teil habe ich das Bild vom Baum an der Küste gezeichnet, dem der Seewind eine prägnante Form aufzwingt. Der Witz daran ist, Sie können keinem einzelnen Windstoß irgendeine Beteiligung an der Formgebung nachweisen. Und Sie können keinem Hundertmarkschein, keiner Einzels­pende eine konkrete politische Entscheidung zuordnen. Die gegenseitigen und vielfälti­gen Abhängigkeiten von Parlamentariern, Parteien, Spendern und Sponsoren erzeugen nun einmal das Bild eines korrupten Politikapparats, der, wie wir gesehen haben, ein komplexes adaptives System ist. Aus dem Wesen dieser Systeme ergibt sich, daß es für das Gesamtbild nicht ausschlaggebend ist, ob ein einzelner Politiker „käuflich“ ist. Das System als Ganzes ist es ohne Zweifel.

Die vom Grundgesetz beabsichtigte Polarisierung ist aufgehoben. Das System ist kurzge­schlossen. Gleichwohl haben wir ein Spannungsverhältnis zu verzeichnen, das allerdings sehr ungesund ist. Polarisierung wird gefährlich, wenn der Kontakt zwischen den Polen abreißt. Entweder geschieht dann gar nichts, wenn aber die Spannung wächst, kommt es zu einer schlagartigen Entladung.

Die neue Polarisierung, die sich bereits architektonisch im neuen Regierungsviertel nie­dergeschlagen hat, wird durch die diversen Affären mehr und mehr sichtbar; man nennt sie Politikverdrossenheit. Was heißt das? – Um das Gemeinwesen, die Polis, kümmert sich der Bürger nicht mehr, die „Partei der Nichtwähler“ hat gegenwärtig den größten Zulauf, weil „die da oben ja doch machen, was sie wollen.“ Volkes Stimme hat das zu­treffend erkannt. „Die da oben,“ das ist der Bundesadel, der sich im Berliner und den anderen Regierungsvierteln mehr und mehr einigelt und das Mitspracherecht des Bür­gers auf die Stimmabgabe bei der Wahl beschränkt. Ich glaube, in ausreichendem Um­fang nachgewiesen zu haben, daß es nahezu unmöglich ist, „einfach so“ mit den besten An- und Absichten in die Politik zu gehen.

Das ist doch eigentlich unverständlich, denn Politiker rechtfertigen ihre geradezu fürstli­chen Gehälter gebetsmühlenartig in folgender Weise: In der Wirtschaft würden für ver­gleichbare Positionen höhere Vergütungen gezahlt; es finde sich kaum jemand, der be­reit sei, die Belastungen eines Politikers für die im Vergleich zur Wirtschaft geringfügige Entlohnung auf sich zu nehmen. Diese Argumente, das konnte ich hier wohl ganz klar zeigen, gehört in die Märchenstunde. Wer den Ritterschlag erhält, das bestimmt immer noch der Bundesadel selbst.

Daran offenbart sich, daß auch der Bundesadel über ein bestimmtes Rekrutierungssys­tem verfügt. Das läßt nur die nach „oben“ durch, von denen erwartet werden kann, daß sie im Sinne des Adels handeln, nicht im Sinne des Volkes. Und, es klingt bitter, das Aus­wahlverfahren setzt sich fort bis zur Wahl der Verfassungsrichter. Deren Wahl obliegt zwar dem Parlament, bei der konkreten Richterwahl entscheidet ein kleiner Ausschuß, der auch noch auf den Proporz achten muß. Achten Sie einmal darauf: es sind in der Re­gel verdiente Politiker, die dort einen Job angeboten bekommen. Man bleibt eben unter sich und weiß, wer wem was zu verdanken hat. Wir sind alle nur Menschen, keiner ist besser als der andere. Daher ist es höchst unwahrscheinlich, daß der Standesdünkel mit dem Überstreifen der roten Robe abgelegt wird. Er wird bei jeder Entscheidung mit am Richtertisch sitzen und Einfluß nehmen. Nicht bewußt und nicht sichtbar, aber er ist da­bei.

(G.Altenoff, Der Bundesadel)

Wenn jemand, weil es so lustig ist, Hape Kerkeling engagiert, bei seiner Hochzeit den Standesbeamten zu mimen, kann er anschließend seinen Trauschein in die Tonne drücken. Wenn Sie bei E-Bay für 20.000,– € ein Grundstück am Starnberger See erstei­gern, wird Ihnen Bernd Brausepulver, dem das Grundstück gehört, etwas anderes erzäh­len, wenn Sie mit Ihrem Möbelwagen zwecks Einzugs dort auftauchen. Und jeder Rich­ter, ja selbst der verwinkelste Winkeladvokat wird Sie darüber belehren, daß ein Grund­stückskaufvertrag ohne notarielle Beurkundung nichtig ist. – Null und nichtig!

Aber Handlungen, die dem Willen des Inhabers der verfassungsgebenden Gewalt zuwi­derlaufen, sollen trotz Nichtigkeit Rechtswirkungen entfalten dürfen? – Und den Inhaber der verfassungsgebenden Gewalt gegen dessen Willen auch noch binden? – Der Wille des Inhabers der verfassungsgebenden Gewalt, der seinen Niederschlag im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gefunden hat, der soll minderbeachtlich sein? – Ja, wo leben wir denn?

– Stellen Sie sich einmal vor, bei der nächsten Fußball-WM laufen die Schiedsrichter mit Pump-Gun und Schlagstock auf; statt der gelben Karten hagelt es Stockhiebe und die „rote Karte” wird „rechtskräftig” mit einer Ladung Schrot erteilt. – Sie können sich das nicht vorstellen? – Aber im Reglement der FIFA ist das nicht ausdrücklich verboten! – Oder? –

Es gilt nicht nur in Deutschland der Satz: wat wech is, is wech und wat nich is, is nich! – Mit anderen Worten: Ein Vorgang oder eine Rechtshandlung, die von der Rechtsordung als nichtig eingestuft wird, kann keinen Bestand haben.

Eine Wahl, die dem Willen des Inhabers der verfassungsgebenden Gewalt zuwiderläuft und vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig eingestuft wird, ist nichtig. Die Nichtigkeit duldet keinen Aufschub und erst recht keine „Gnadenfrist” bis 2011. – Bis dahin sind die nächsten -verfassungwidrigen-Wahlen gelaufen. – Und dann kommen die Kläger mit denselben Argumenten wieder, bekommen recht und „der Gesetzgeber”, den es übrigens nicht gibt, erhält erneut einen Aufschub bis zum St. Nimmerleinstag.

Sorry, lieber Herr Di Fabio; wenn ich noch Anwalt wäre und man mich fragen würde, wie man sich vor dem Bundesverfassungsgericht benimmt, würde ich sagen:

Stelle einen Befangenheitsantrag, denn alle Mitglieder des Bundesverfassungsge­richts stehen im Verdacht, den „Politischen Parteien” so nahe zu stehen, daß sie ihre berufliche Unabhängigkeit nicht mehr verwirklichen können.”

So weit ist es gekommen in der Republik, die nie ins Leben trat, weil das Grundgesetz vom 23.5.1949 an von den „Politischen Parteien” mit denselben Füßen maltraitiert wurde, die schon die Weimarer Republik in Grund und Boden getreten hatten.

Aus diesem Grunde bin ich stolz darauf, Ihnen in der Anlage das

Nievenheimer Manifest – Grundpositionen für eine deutsche Verfassung nach Arti­kel 146 des Grundgesetzes vom 19.12. 2007

sowie die

Nievenheimer Erklärung über die Freiheit des Deutschen Volkes von der Bevor­mundung durch die „Politischen Parteien” vom 4.7. 2008

überreichen zu können.

Aus gegebener Veranlassung weise ich auf die „Spielregeln” hin, die bereits im vorkon­stitutionellen Recht über die „Bösgläubigkeit” verankert sind. Ab Zugang dieses Schrei­bens können Sie nicht mehr „gutgläubig” im Sinne des „Bundesadels” urteilen. – Der Freibrief der vielen kleinen und großen Filbingers (Was gestern Recht war, kann heute nicht Unrecht sein!) ist damit für alle Zukunft im Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom Tisch.

Die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag gestatten es wohl, Ihnen trotz allem freundliche Grüße auch vom Inhaber der verfassungsgebenden Gewalt zu übermitteln.

Mit kollegialen Grüßen

(gez. G. Altenhoff)

Was gestern Recht war,

kann heute nicht Unrecht sein.

Heute aber ist das, was gestern Recht war, schwerstes Unrecht:

Das Rauchen!